Durlach
(cde)
- Im
Rahmen
der
Mitgliederversammlung
am
Mittwochabend
in
der
Nikolauskapelle
präsentierte
der
Sanierungsausschuss
des
ASV
Durlach
den
anwesenden
Vereinsmitgliedern
ein
Sanierungskonzept
des
finanziell
stark
angeschlagenen
Traditionsvereins.
Zudem
wurde
eine
neue
Vereinsführung
gewählt,
die
dieses
Konzept
nun
in
die
Tat
umsetzen
muss.
Der ASV Durlach will zukünftig nur noch sportlich auf sich aufmerksam machen
Foto: marvinguengoer.de
Großer Applaus brandete um kurz nach halb Neun auf. Die anwesenden Mitglieder brachten damit einerseits ihre Anerkennung, andererseits aber auch ihre Erleichterung zum Ausdruck, denn gerade eben hatte Robert Böringer stellvertretend für den Sanierungsausschuss des ASV den Tätigkeitsbericht der letzten sechs Monate, sowie ein Sanierungskonzept vorgestellt, mit dem der Verein konsolidiert werden soll.
Sowohl die Anerkennung für die Leistung des ursprünglich zehnköpfigen Ausschusses, der sich auf der Mitgliederversammlung am 10. Dezember des Vorjahres zusammenfand, als auch die Erleichterung der Anwesenden waren überaus nachvollziehbar. Im Laufe der Ausführungen Böringers wurde nämlich schnell deutlich, dass der Traditionsclub nur ganz kurz vor dem endgültigen Aus stand. Zum 31. Dezember 2012 drückten den ASV Verbindlichkeiten in Höhe von rund 428.000 Euro, zuvor konnte bereits die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch eine kurzfristige Zahlung abgewendet werden.
Doch bevor die tatsächlichen Ausmaße dieses Horrorszenarios überhaupt deutlich wurden, stand der Sanierungsausschuss zu Beginn seiner Arbeiten zunächst vor einem nahezu undurchschaubaren Chaos. Böringer beschrieb dies als "sehr diffuse Situation", es musste zuallererst Klarheit darüber geschaffen werden, wem der Verein wie viel schuldete. Dabei standen stets zwei Fragen im Vordergrund, deren Beantwortung anfangs schlichtweg nicht möglich war. Hatte der Verein überhaupt eine Zukunft oder muss erneut die Insolvenz beantragt werden?
In mühsamer Kleinarbeit wurde loses Blattwerk geordnet, wurden rückwirkend Bilanzen erstellt, um die Gläubiger festzustellen und somit Licht ins Dunkel zu bringen. Keineswegs eine einfache Aufgabe, denn was die "Sanierer" vorfanden, war laut Böringer "ein wildes Durcheinander an Belegen, es gab seit Jahren keine geschlossene Buchhaltung mehr". Einen ersten Erfolg konnte der Ausschuss dann relativ schnell erzielen, denn bereits gegen Ende 2012 waren sämtliche Gläubiger ausfindig gemacht und damit auch die Gesamthöhe der Verbindlichkeiten klar.
428.000 Euro Verbindlichkeiten - "Diese Zahl hat uns alle schockiert"
Einen Grund zum Feiern stellte dieser vermeintliche Erfolg selbstverständlich nicht dar: "Diese Zahl hat uns alle schockiert, da dies keiner auch nur geahnt hatte", beschrieb Böringer den Gemütszustand der Beteiligten zum damaligen Zeitpunkt. Es waren tatsächlich beinahe schwindelerregende Beträge, die sich da auftaten. Gegenüber der Sparkasse Karlsruhe-Ettlingen hatte man 157.000 Euro Verbindlichkeiten, sämtliche Vereinskonten waren seit Ende 2011/ Anfang 2012 gesperrt und somit nicht mehr zugänglich für den ASV. Bei der Brauerei Moninger belief sich die Summe an Schulden auf 90.000 Euro, das Finanzamt beklagte offene Forderungen in Höhe von 67.000 Euro. Dazu kamen noch 56 kleinere Gläubiger, die zusammengenommen noch auf 115.000 Euro pochten.
In einem ersten Schritt wurden diese sonstigen Gläubiger per Schreiben vom mittlerweile als Notvorstand agierenden Robert Venzke über die Aufarbeitung seitens des Clubs informiert, zudem wurde ihnen ein Vergleichsangebot unterbreitet, welches vorsah, dass die Schulden zu 15 Prozent beglichen werden sollten. Die daraus resultierenden Verhandlungen gestalteten sich nicht immer einfach, denn man "musste überall feststellen, dass der Verein einen großen Vertrauensverlust erlitten hatte. Es ist uns aber gelungen durch Gespräche wieder Vertrauen herzustellen", teilte Böringer erfreut mit. Dieser Rückgewinn an Vertrauen mündete schließlich darin, dass alle 56 Kleingläubiger dem Angebot zustimmten, sodass diese mittlerweile ausnahmslos mit 15 Prozent bedient sind und keinerlei Forderungen gegenüber dem ASV Durlach mehr haben.
Schuldenlast um 170.000 Euro verringert
Auf Seiten der Großgläubiger diente die Sparkasse Karlsruhe-Ettlingen als erster Anlaufpartner, auch hier konnte Einigkeit darüber erzielt werden, dass unter anderem der Kreditrahmen erweitert wurde. Es wurde seitens der Bank ein zweckgebundener Kredit über 20.000 Euro gewährt, die zur Tilgung der Schulden gegenüber dem Finanzamt Karlsruhe-Durlach verwendet werden mussten. Mit der Behörde wurde ausgehandelt, dass man die Restschuld von 47.000 Euro in monatlichen Raten von 1.400 Euro abbezahlt, was seit bereits drei Monaten auch so geschah. Somit blieb nur noch die Brauerei Moninger übrig, mit der man einen Vergleich über 15 Prozent erzielen konnte.
Das Ergebnis dieser teilweise zähen Verhandlungen kann sich sehen lassen. Durch die getroffenen Vereinbarungen konnten rund 170.000 Euro an Verbindlichkeiten abgeschuldet werden, umgekehrt bedeutet dies, dass der ASV Durlach zum heutigen Zeitpunkt noch 254.000 Euro Verbindlichkeiten aufweist. Immernoch eine sehr hohe Summe, allerdings gelang es, diese finanziellen Probleme einer geordneten Lösung zuzuführen: "Die Dinge sind alle bis auf den Cent geregelt", brachte es Böringer auf den Punkt. Ausdruck dessen ist auch die Tatsache, dass von den anfangs 59 Gläubigern mit dem Finanzamt Karlsruhe-Durlach und der Sparkasse Karlsruhe-Ettlingen nur noch deren zwei übrig sind.
"Im Sportpark beginnt einen neue Zeitrechnung für den ASV"
Eine zentrale Rolle im Sanierungskonzept nimmt der angestrebte Umzug in den Sportpark "Untere Hub" ein. Man zeigte sich optimistisch, dass dieses Großprojekt innerhalb der kommenden fünf Jahre realisiert wird, was den Verein dann komplett entschulden würde. Denn aus dem bestehenden Erbbaurecht auf dem aktuellen Gelände würden Einnahmen von etwa 200.000 Euro resultieren, mit denen sämtliche Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse Karlsruhe-Ettlingen getilgt werden könnten. Da die monatliche Rückzahlung an das Finanzamt Karlsruhe-Durlach (1.400 Euro), unter der Voraussetzung, dass keine neuen Schulden aufkommen, in zweieinhalb bis drei Jahren beendet sein sollte, würde dann ein schuldenfreier ASV Durlach in seine neue Heimat einziehen. Daher kam Böringer zum Abschluss seiner Ausführungen zu dem Schluss: "Im Sportpark beginnt einen neue Zeitrechnung für den ASV".
Das Hauptproblem bei den Verhandlungen mit den Gläubigern war über die gesamte Zeit des Wirkens des Sanierungsausschusses die Tatsache, dass dieses Gremium offiziell nicht vertretungsberechtigt für den ASV Durlach war. Auch dieser Missstand wurde gestern Abend behoben, denn die Mitglieder wählten einen neue Vorstandschaft, die das erarbeitete Konzept nun in die Tat umsetzen wird. Als erster Vorsitzender fungiert nun Robert Venzke, als zweiter Vorsitzender wurde Udo Walz ins Amt gewählt.
Die Aufgaben des Schatzmeisters übernimmt Dietmar Gruber, Reinhard Rühle bekleidet den Posten des Geschäftsführers. Diese neue Vereinsführung agiert nun übergangsweise bis Juli, dann soll eine weitere Mitgliederversammlung einberufen werden, in der eine neue Satzung verabschiedet werden soll, die unter anderem ein Kollektivvorstand aus vermutlich sechs oder sieben Personen vorsieht. Diese Satzungsänderung wurde zwar bereits im Dezember von den Mitgliedern beschlossen, jedoch wurden die damals getroffenen Beschlüsse vom Amtsgericht nicht anerkannt, da die Einladung zur Versammlung nicht rechtmäßig war.
Auch sportlich will sich der Verein neu aufstellen
Im sportlichen Bereich möchte sich der Traditionsverein ebenfalls komplett neu aufstellen. Dies betrifft sowohl die Aktivität, als auch die Jugendabteilung. Gerade hier liegt einiges im Argen, da diese über Jahre hinweg sträflich vernachlässigt wurde. Dies macht sich sowohl in der Altersstruktur der Vereinsmitglieder, als auch im fehlenden Unterbau der ersten Mannschaft bemerkbar. Genau an diesem Hebel möchte der neue sportliche Leiter Günter Cuntz ansetzen, mit dem Ziel für die kommende Spielzeit 50 bis 80 neue Jugendspieler für den Verein zu gewinnen.
Im Bezug auf die noch laufende Saison der Verbandsligamannschaft, zeigte sich Cuntz sehr optimistisch, dass der Abstiegskampf einen positiven Ausgang nimmt. "Ich denke dass wir das schaffen", sagte er mit Blick auf den Klassenerhalt. Seine Zuversicht rührt vor allem daher, dass nach dem Trainerwechsel von Stefan Wammetsberger zu Sirus Motekallemi ein neuer Geist innerhalb der Mannschaft herrscht und die Leistungskurve deutlich nach oben zeigt. Sollte es am Ende trotzdem nicht reichen, wolle man in der Landesliga im oberen Drittel mitspielen. In Angriff nehmen soll dieses Ziel eine kostengünstige, attraktive Mannschaft, die in den nächsten Wochen zusammengestellt werden soll.
Dass die Zeit drängt, dessen ist man sich unterhalb des Turmbergs durchaus bewusst, allerdings war es aufgrund der prekären finanziellen Lage bislang nicht möglich dem sportlichen Leiter einen endgültigen Etat vorzulegen, mit dem er seine Planungen vorantreiben kann. Dies möchte der neu gewählte Vorstand in den kommenden Wochen nachholen.
Die Lage beim ASV Durlach hat sich also merklich entspannt. Es liegt ein schlüssiges Sanierungskonzept vor, welches dem Verein eine schuldenfreie Zukunft ermöglichen kann. Dennoch sind längst nicht alle Probleme rund um das Turmbergstadion behoben, sodass weiterhin viel Arbeit auf die neue Vereinsführung beziehungsweise den Sanierungsausschuss wartet. Die aktuelle Situation fasste der erste Vorsitzende Venzke bildhaft und sehr treffend zusammen, als er den ASV mit einem Marathonläufer verglich, der gemeinsam mit allen anderen startete, allerdings zunächst in die falsche Richtung aufbrach.
Dem Sanierungsausschuss gelang es in den sechs Monaten seines Wirkens, den Läufer wieder in die richtige Richtung umzuleiten und an die Startlinie zurückzuführen. Der Rückstand auf die anderen Vereine sei jedoch dadurch in jeglicher Hinsicht sehr groß.